Hōtō ほうとう

3 Jan

Die Suppe zum Jahresanfang

In den letzten Wochen Monaten ist es auf meinem Blog hier ziemlich still geworden. Oft habe ich mich selbst gefragt, warum. Viele Menschen haben mich darauf angesprochen und gesagt: „Hey, blog doch mal wieder!“.

Aber auch wenn ich mich ganz bewusst an den Computer gesetzt habe, um einen Eintrag zu verfassen… da war einfach nichts.
Keine Idee, kein Wortfluss, keine Motivation.
Ein klassischer Fall von Blog-Blues.
Meine nach unten offene Nachkoch-Liste wächst zwar beinahe täglich. Die Kreativität sprudelt ständig und überall notiere ich mir Ideen und To Do‘s. So habe ich gerade eben erst 12 Liter hauseigenen Met mit Akazienhonig vergoren, fermentiere im Keller 4 kg Chilis im Eichenfass, pröble an einem Zwiebelaschen-Salz und räuchere meinen eigenen Kräuterspeck.

Ausserdem liebe ich -wie alle Blogger- meinen Blog wirklich sehr. Und nette Leser habe ich ja schliesslich auch 🙂

Insofern… fertig Trübsal geblasen, es wird mal wieder Zeit für ein Rezept! Und den Auftakt ins neue Jahr macht heute eine Suppe.

Im vergangenen Jahr habe ich sehr oft an meine zweimonatige Kulinarik-Reise durch Asien Ende 2015 gedacht (siehe auch hier). Eine Erfahrung, die heute noch sehr lebhaft in meinem Kopf nachklingt. Die Ereignisse und Geschichten aus dieser Zeit schillern teilweise noch so bunt vor meinem geistigen Auge, als wäre ich gerade gestern noch dort gewesen.

Viele Gerichte und Zubereitungsarten habe ich seither versucht daheim zu imitieren – quasi als Rezept mit Fernwehgeschmack. Obwohl ich bei der Frage nach einem Rezept oft nur ungläubige Blicke geerntet habe. Viele Zubereitungen in der asiatischen Küche sind nirgends niedergeschrieben. Die Idee ist da und man weiß auch, wie es am Ende aussehen und schmecken soll – aber kein Mensch dort kocht nach Rezept. Die Gerichte werden seit Generationen mündlich überliefert und Pi mal Daumen oder aufgrund jahrelanger Erfahrung zubereitet.

Eines dieser Gerichte ist Hōtō, eine sehr beliebte regionale Suppe, welche aus der japanischen Präfektur Yamanashi am Fusse des Mount Fuji stammt. Dort war es auch, als ich dieser Köstlichkeit das erste Mal begegnet bin – und mich tatsächlich und ohne Witz drei Tage in Folge bloss noch davon ernährt habe! Dicke, flache Nudeln aus Weizenmehl (sie ähneln den klassischen Udon) werden in einer sämigen Miso-Suppe mit viel Gemüse wie Kabocha-Kürbis, Süsskartoffeln, Chinakohl und Karotten gekocht. Das Resultat ist eine Suppe zum Reinlegen lecker. Wenn ich könnte, würde ich darin baden…

Nun ja, ich hatte jetzt ja auch ein Jahr Zeit, um an meinem Rezept zu feilen. Gerne teile ich es heute mit euch. Und denkt dran: in Japan werden die Nudeln laut schlürfend aus der Suppe angesaugt, da sie sonst nicht ihr volles Aroma entfalten. Wer es einmal selber probiert hat, weiß wieviel Spass dies machen kann. Die Leute am Tisch sollen hören, dass man schlürft. Schlürfen bedeutet, dass die Nudeln gut sind. Schlürfen ist überlebenswichtig 😉

Hōtō ほうとう (japanische Nudelsuppe)

für 2 Personen

 

für die Nudeln

  • 160 g Weizenmehl, hell
  • 75 ml lauwarmes Wasser
  • 1/2 TL Salz
  1. Das Mehl in eine Schüssel sieben und das Salz untermischen.
  2. Nach und nach das lauwarme Wasser zugeben und mit dem Mehl vermengen. Auf der leicht bemehlten Arbeitsfläche zu einem geschmeidigen und elastischen Teigball kneten.
  3. Anschliessend in Klarsichtfolie einschlagen und bis zur weiteren Verwendung eine Stunde im Kühlschrank kalt stellen.

 

für das Dashi

  • 1 l Wasser, von Vorteil möglichst weich
  • 10 g Kombu (japanische Algenart)
  • 20 g Katsuobushi (getrocknete Flocken vom echten Bonito)
  1. Das Kombu im kalten Wasser einlegen und 20 Minuten lang ziehen lassen.
  2. Danach die Flüssigkeit langsam bei niedriger Temperatur auf 70° bis 80° C erhitzen. Die Temperatur so einstellen, dass dieser Vorgang 20 Minuten dauert. Wenn man das Kombu zu schnell zum Kochen bringt, lösen sich die Aromen zu wenig. Lässt man es zu lange kochen, kann es sein, dass eure Dashi schleimig oder bitter wird.
  3. Nun das Kombu entfernen und die Temperatur langsam auf 90° C erhöhen.
  4. Die Bonitoflocken (katsuobushi) zufügen, alles kurz zum Kochen bringen, dann vom Herd nehmen und 2 Minuten ziehen lassen.
  5. Anschliessend die Flüssigkeit sofort durch ein feines Sieb giessen und bei geringer Hitze warm halten. Die Bonitoflocken nicht auspressen.

Diese Dashi nennt man in Japan ichiban dashi (ichi-ban: erster in der Rangordnung). Die Fischflocken und das Kombu kann man erneut verwenden, um niban (zweite) dashi herzustellen, welche sich gut für Schmorgerichte eignet.

 

zur Fertigstellung

  • 1-2 gehäufte EL Miso-Paste (ich: hoba miso)
  • 170 g Kürbis (japanischer Kabocha oder Hokkaido)
  • 100 g Süsskartoffeln
  • 100 g Chinakohl
  • 1 Hand voll Shiitake-Pilze
  • 2 Bundzwiebeln, nur das Grün
  • 150 g Schweinsfilet
  • helle Sojasauce
  • Shichimi Togarashi (japanische Gewürzmischung, gibt es hier)

 

  1. Nun den Nudelteig aus dem Kühlschrank nehmen und auf einer leicht bemehlten Arbeitsfläche gleichmässig ca. 2 mm dünn auswallen.
  2. Den Teig halbieren, die beiden Hälften in der Mitte falten und die Nudeln mit einem scharfen Messer in 1 cm dicke Streifen schneiden.
  3. Süsskartoffeln schälen und in grobe Würfel à 2×2 cm schneiden. Den Kürbis waschen (bei Kabocha und Hokkaido kein Schälen nötig) und ebenfalls in gleichmässig grosse Würfel à 2×2 cm schneiden.
  4. Den Chinakohl mit Hilfe eines scharfen Messers oder einer Mandoline in feine Streifen schneiden. Die Bundzwiebeln rüsten und ebenfalls in feine Röllchen schneiden. Die Shiitake mit einem Haushaltspapier putzen und je nach Grösse halbieren oder vierteln.
  5. Das Schweinsfilet in hauchdünne Scheiben tranchieren und auf einen separaten Teller geben.
  6. Nun die Dashi erneut bis kurz vor dem Siedepunkt erwärmen und die Süsskartoffeln und Kürbiswürfel beigeben. Während 10 bis 15 Minuten weich, aber bissfest garen.
  7. Nun die Miso-Paste beigeben und kräftig unter die Dashi-Brühe mischen. Anschliessend die restlichen Zutaten bis auf das Schweinefilet beigeben und auch die vorbereiteten Nudeln unter die Suppe geben. Mit Sojasauce abschmecken und köcheln lassen bis die Nudeln al dente sind.
  8. Zum Anrichten je einige Tranchen Schweinsfilet in eine Suppenschale geben und mit der heissen Brühe und Nudeln übergiessen.
  9. Mit etwas Shichimi Togarashi bestreuen, sofort servieren und das Schlürfen nicht vergessen 😉

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19 Antworten to “Hōtō ほうとう”

  1. Anikó 3. Januar 2017 um 20:04 #

    Oh man, ich bin doch so essensgeräuscheintolerant, aber für so eine Suppe würde ich mal kurz versuchen, diese Abneigung zu ignorieren 😉 An die japanischen Suppen will ich mich demnächst auch wagen. Noch eine kurze Frage: Wo hast Du die Schüsseln her? Die sind hübsch!

    • marco 3. Januar 2017 um 22:02 #

      Jaa, die japanische Suppenkultur. Das ist ein dickes Buch für sich – mit viiieeelen Kapiteln 😉 Als nächstes steht bei mir die Königin aller japanischen Suppen an: Tonkotsu Ramen mit Brühe von ausgekochten Schweineknochen. Die Schälchen stammen übrigens direkt aus Japan. Die hatte ich mir bei meinem letzten Besuch separat nach Hause schicken lassen 😉

      • Anikó 4. Januar 2017 um 07:41 #

        Und ich wollte noch dazu schreiben „Und sag bitte nicht, dass sie direkt aus Japan sind!“ 😂

      • marco 4. Januar 2017 um 10:14 #

        Hierzulande kann man solche Keramikwaren leider kaum bezahlen :-/

      • Anikó 4. Januar 2017 um 11:54 #

        Dann weiß ich, wozu ich Schwesterchen beauftrage, wenn sie im März/April in Japan ist *ggg*

  2. cookinator 3. Januar 2017 um 23:49 #

    Woow! Als Freund der japanischen Kochkunst sind Rezepte wie diese für mich der Hochgenuss der Kulinarik. In Kürze habe ich sogar die Ehre mit einem ehemaligen Chef eines jap Restaurant kochen zu dürfen 😚 Bin gespannt und werde berichten…

    • marco 4. Januar 2017 um 10:09 #

      Wow! Na da bin ich jetzt aber neidisch! Ich bin sehr gespannt, wie er die Dashi-Brühe zubereiten wird. Da gibt es ja die verschiedensten Versionen. Ich freue mich auf den Bericht 🙂

  3. Giani 4. Januar 2017 um 00:35 #

    Nachts, nach halb eins. Vor dem schlafen gehen Blog gelesen.. Habe Hunger! Wo bekomm ich jetzt diese Suppe her?

    • marco 4. Januar 2017 um 10:09 #

      Uuuh, böser Anfänger-Fehler: niemals hungrig Blog lesen :-p

  4. Susanne 4. Januar 2017 um 06:11 #

    Die japanische Nudelsuppenkultur habe ich auch noch auf der Liste, wie so vieles andere. Du hast mich jetzt daran erinnert, danke :-).
    Übrigens, so von wegen Suppe und Schlürfen und überhaupt…kennst Du den Film Tampopo?

    • marco 4. Januar 2017 um 10:14 #

      Tampopo 🙂 Wie könnte ich ihn nicht kennen? Dieser Film ist so herrlich ulkig, so echt japanisch, voller Schalk und kleiner Schweinereien. Eine wahre Ode an die perfekte Nudelsuppe! Na, dann ran an die Liste. Ich werde jedenfalls gespannt deine japanischen Nudelsuppen-Gehversuche verfolgen, liebe Susanne 😉

  5. kormoranflug 4. Januar 2017 um 09:43 #

    Lecker und dazu noch auf traditionellem Zeitungspapier serviert.

    • marco 4. Januar 2017 um 10:15 #

      …welches ursprünglich als Transportschutz für frische Yuzu und Wasabi-Wurzel aus Tokyo fungierte 😉

  6. Tom 4. Januar 2017 um 10:48 #

    Schön wieder von Dir zu lesen, hatte schon Angst Du wärst verhungert. 😉

    12 Liter eigener Met sind ne ziemlich geile Sache. Hat bei mir auch so angefangen mit der Alkoholproduktion.
    Bei mir gären, fermetieren, milchsäuern oder was auch immer derzeit ca. 5 Liter eigener Sauerkraut.
    Fermentieren ist eine ganz feine Geschichte, da würde ich auch wesentlich mehr machen wollen als ich derzeit auf die Reihe bekomme.
    Berichte bitte von Deinen Ergebnissen.

    • marco 4. Januar 2017 um 14:28 #

      Ja, es war tatsächlich eine ziemliche lange Durststrecke :-/ Fermentieren steht bei mir momentan hoch im Kurs. Da habe ich mittlerweile fast schon eine kleine „Fabrik“ daheim und auch noch einige unverwirklichte Ideen im Köcher. Der Met jedenfalls ist schon ziemlich gut gelungen: herb-aromatisch, nicht all zuu süss, sehr ausgewogen. Auch Sauerkraut steht seit längerem auf dem Plan. Bei meinem Grossvater im Keller habe ich kürzlich dafür eine grosse Kohlraffel gefunden 🙂

  7. lieberlecker 4. Januar 2017 um 11:15 #

    Mmmhhh … bei so etwas Leckerem hätte ich gerne mitgeschlürft! 😀 Sind die Nudeln so einfach herzustellen, wie Du das beschreibst?
    Und die japanische Zeitungsunterlage hast extra für einen solchen Post aufbewahrt? Dass man solche Schüsselchen nicht hier kaufen kann finde ich übrigens ebenfalls sehr schade 😦
    Liebe Grüsse,
    Andy

    • marco 4. Januar 2017 um 14:34 #

      Na, dir mein Lieber hätte ich sicherlich auch ein Schüsseli bereit gestellt 😉 Der Nudelteig selbst ist easy-peasy. Das Auswallen und gleichmässige Stücke schneiden erfordert sicherlich etwas Übung. Man kann dafür aber auch wunderbar eine Pastamaschine zu Hilfe nehmen oder wie ich eine Chitarra verwenden 😉 Und ja, die Zeitung durfte jetzt wirklich lange genug im Schrank ruhen hehe. Vor einigen Wochen gab es im Globus mal eine schöne Auswahl an Keramik-Geschirr. Leider komplett überteuert 😦

  8. Eva 5. Januar 2017 um 12:28 #

    Oh Marco. Du kommst exakt eine Woche zu spät um die Ecke mit deiner wunderbaren Suppe. Ich musste die 2014 abgelaufenen Bonitoflocken entsorgen, da ihr Geruch nicht mehr einwandfrei war und jetzt sitze ich auf dem Trockenen. Soweit ich weiß, bekommt man sie in D nirgends…
    Und Schlürfen muss!!!
    Liebe Grüße,
    Eva

    • marco 10. Januar 2017 um 16:40 #

      Oh, was für ein Pech 😦 Die bekommt man in Deutschland tatsächlich nicht? Das verunsichert mich jetzt gerade ein wenig punkto meinem eigenen Nachschub hier in der Schweiz… Da muss ich mich doch gleich mal schlau machen 😉

dein Senf dazu...