Indisch as indisch can be
Nach bald einer Woche Indien kriege ich mittlerweile die gelbe Currysauce unter meinen Fingernägeln kaum mehr weg. Und ja, bald ist er leider vorbei, mein einwöchiger Indien-Aufenthalt im komplett reizüberflutenden, wenn auch trotzdem irgendwie liebenswerten Chaos von Chennai. Dieses wunderbare Land der Farben und Kontraste, mit seinen fröhlichen Menschen, prächtiger Natur und last, aber so was von not least, einzigartiger Aromenküche hat mich mehrfach zu tiefst berührt und bewegt.
Die wichtigsten Erkenntnisse, die ich aus meinem Aufenthalt hier nach Hause nehme:
- Wem Kühe nur in Form von auf den Punkt gebratenen Steaks heilig sind, der reise besser nicht nach Indien. Wenn aussen an Restaurants in grossen Lettern ein „non-veg“-Schild prangert, dann ist das schon irgendwie ungewöhnlich. Fleisch ist hier die Abweichung, nicht die Regel.
- Bleiben wir doch bei den Kühen. Die nämlich sind berechtigte Verkehrsteilnehmer in Indien und haben im Zweifelsfalle Vorrang. Das wissen auch die Kühe.
- Und wenn wir schon beim Verkehr sind. Neue Verkehrsregeln gilt es hier zu akzeptieren. Erstens: Verkehr wird per Lautstärke geregelt. Größte Hupe = Vorfahrt. Fußgänger ohne Hupe = rennen. Und: Lastwagen haben immer Recht.
- Dasselbe Curry schmeckt immer anders. Einerseits von Lokal zu Lokal verschieden, andererseits aber verändert sich auch der Geschmack im selben Lokal. Von gestern auf heute.
- Ein Bus ist niemals voll. Es passen immer noch mehr Leute rein. Oder oben drauf.
- Der indian head wobble. Jeder der schon mal in Indien war, der kennt ihn. Ein seitlich wiegendes Kopfwackeln, das je nach Kontext komplett unterschiedliche Bedeutungen haben kann. Entweder: Ja. Oder: okay, habe ich verstanden. Oder: macht doch nichts. Oder: keine Ahnung. Oder: kommt überhaupt nicht in Frage, aber das werde ich dir nicht auf die Nase binden. Je schneller der Kopf wackelt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass etwas verstanden und positiv beschieden wurde. Die Geste ist so nützlich und ansteckend, dass ich sie sofort selbst ins Repertoire aufgenommen habe.
Einen der in kulinarischer Hinsicht inspirierendsten und für das Kennenlernen der hiesigen Küche aufschlussreichsten Momente hatte ich gestern während meinem Lunch im ehrwürdigen Taj Coromandel Hotel. Die Taj-Hotelkette ist mit über 120 Ablegern die grösste Luxus-Hotelkette in Indien. Ein Blick hinter die Kulissen des hochgelobten, hoteleigenen Southern Spice Restaurants schien mir daher das Non-Plus-Ultra meiner kulinarischen Entdeckungsreise hier.
Zugegeben, es hat einiges an Überzeugungsarbeit gebraucht, um das Management-Team davon zu überzeugen, dass es eine gute Idee wäre, einen dahergelaufenen Schweizer in die heiligen Hallen ihrer Küche zu lassen. Aber wieder einmal zeigt sich, dass sich Hartnäckigkeit und der Abschluss einer Schweizer Hotelfachschule ausbezahlen und so manche Türen öffnen. Als ich mit zittrigen Knien vor den Hoteltoren stand und auf den Eingang zu spaziert bin, fühlte ich mich, als würde ich zum Mond starten… Weiterlesen