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Gnocchi di pane

28 Jan

Was ist eigentlich ein nachhaltiges Restaurant?

Wer heutzutage in ein Restaurant marschiert und einen Blick in die Speisekarte wirft, dem präsentiert sich mittlerweile fast überall dasselbe Bild: das Angebot ist Bio, brutal lokal, ultra-regional, stammt vom Hof nebenan, ist Farm-to-table, clean, raw und natürlich Superfood (mein persönliches Unwort 2016!).

Alles, was aus der Küche kommt ist besonders gesund, besonders nachhaltig, besonders sozialverträglich, ausbeutefrei produziert, naturnah angebaut, artisanal, craft, pur, ökologisch, fair, nach Mondphasen gezüchtet, tierfreundlich, authentisch, verantwortungsvoll geschlachtet und verarbeitet. Die Schweinchen sind freiwillig in die Metzgerei gerannt und die Lämmchen wurden zu Tode gestreichelt.

Ganz ehrlich. Mich langweilen diese kulinarischen Schlagwortlawinen zutiefst. Das klingt zwar alles geschmeidig und lobenswert, aber in den meisten Fällen sagt es schlicht nur wenig aus. Versteht mich nicht falsch, im Prinzip gefällt mir diese Entwicklung. Ich befürworte solche Konzepte – wenn sie aus Überzeugung und mit Konsequenz umgesetzt werden. So bekommt unser Essen wieder einen Wert. In vielen Fällen aber scheint mir die Überstrapazierung der Speisekarte mit derartigen Heuchlereien einzig eine faule Ausrede für alle Restaurants, die ein wenig die Welt retten wollen, aber nicht so genau wissen, wie.

Regional und saisonal einkaufen? Es scheint als hätten sich das längst alle einverleibt. Aber kaum sehen wir mitten im Winter die knallroten Erdbeeren in den Läden, können nur wenige noch widerstehen. Das ist sie: die Perversion einer saturierten Gesellschaft. Die Käufer zahlen das, woran sie gerne glauben möchten. Der Rest ist Marketing. Und dem Gast bleibt das gute Gewissen.

In solchen Momenten, nämlich immer dann, wenn ich mich furchtbar aufrege, lobe ich mir einen Teller Schlichtheit. Denn zu Hause schmeckt regional, saisonal, fair und bio besonders gut. Heute gibt es herzhafte Gnocchi aus altem Brot, serviert mit gedünsteten Wirzstreifen, hausgemachter Salsiccia mit Fenchelsamen und Chili (Rezept folgt) und frischem ricotta di bufala. Che buono! Die Zeit der Ausreden ist vorbei! Weiterlesen

Thurgauer Geschnetzeltes

13 Mär

Einmal Mostindien retour

Schokolade löst keine Probleme – aber das tut ein Apfel ja auch nicht.

Und trotzdem: meine grosse Leidenschaft gilt seit kurzem mehr denn je dem gemeinen Apfel. Oder besser gesagt dessen flüssiger Form, nämlich dem Apfelmost.

Schuld daran ist in erster Linie Donat Berger, welcher in seinem kleinen, aber mehr als feinen Café Apfelgold in der schönen Stadt Bern den Pausenapfel von anno dazumal wieder salonfähig macht. In seinem gemütlichen Lokal können sich Gäste auf Sofas und Fauteuils niederlassen und bei französisch inspirierten Zuckerzaubereien und einem Buch in der Hand für ein paar Stunden den süssen Seiten des Lebens huldigen.

Schon beim Betreten des Cafés duftet es verführerisch nach Schlaraffenland und aus der angrenzenden Backstube wandern beinahe im Minutentakt kleine und grössere süsse Sünden in die Vitrine am Tresen. Wer im Apfelgold einkehrt, der darf sich nicht wundern, wenn er beim Gehen ein paar Pfunde mehr auf den Rippen hat. Aber die nimmt man in dem Fall noch so gerne in Kauf… 
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Risotto au Vacherin Mont d’Or mit Bündnerfleisch-Gremolata

30 Jan

Von wegen asiatisch

Gereist sind wir alle schon. Die einen mehr, die anderen weniger. Die einen weiter und ferner, die anderen blieben lieber in der Nähe.

Ich selbst durfte im vergangenen Herbst eine zweimonatige Reise durch sechs asiatische Länder unternehmen und auf diesem Blog im Sinne kulinarischer Urlaubslektüre fleissig berichten. Die Erweiterung meines kulinarischen Horizontes stand dabei ausschliesslich und stets im Vordergrund. Ich wollte sehen, staunen, spüren, riechen und vor allem schmecken wie am anderen Ende der Welt gekocht wird.

Dass sich mein Kochstil dadurch weiterentwickeln würde, war klar. Dass er sich grundlegend verändert, eher undenkbar. Um bleibenden Einfluss zu haben, muss eine Koch- und Esskultur länger wirken, als eine Urlaubsreise dauert. Und trotzdem: bei meiner Rückkehr war mein Kopf –und nebenbei auch mein Vorratsschrank- übervoll gepackt mit Ideen und Inspirationen, mit Kreationen und Kapriolen.

Umso mehr erstaunt es, dass ich in den mittlerweile drei Monaten seit ich wieder daheim bin, kaum mehr asiatisch gekocht habe. Dann und wann habe ich experimentiert, habe mit Tütchen und Gläsern voller unbekannter Pülverchen und Flüssigkeiten herumgespielt und das eine oder andere Gericht nach- oder neugekocht. Seit hier aber die kalte Jahreszeit Einzug gehalten hat, schreit mein Magen nahezu ständig und ausnahmslos nach guter, alter alpenländischer oder bestenfalls mediterraner Alltagsküche.

So bereichern Deftiges wie Käse, Eier, Brot und Wurstwaren, in liebevoller Fürsorge um den Pirelli-Ring um meinen Bauch stets herzhaft mit Rahm und Butter kombiniert, zur Zeit meinen Speiseplan wie selten zuvor.

Selten seltsam, hat mich doch die asiatische Küche und deren Vielfältigkeit zutiefst begeistert. Und beim Blick aus dem Fenster, dem Lenz da draussen direkt in die Augen, bezweifle ich langsam auch, dass es an der vermeintlich „kalten“ Jahreszeit liegt.

Nun denn… während ich noch eine Weile darüber nachdenke, haue ich euch mal wieder ein Rezept um die Ohren – gut Schweizerisch eben, denn so will es mein Hunger… Weiterlesen

Crab Linguini

19 Apr

Die Sache mit dem Gewissen

Ich muss zugeben, ich habe lange über diesen Post nachgedacht und ob ich ihn wirklich bringen soll. Kann man es mit der Frische übertreiben?
Schwieriges Thema.

Alle Welt proklamiert immer, dass nur die frischesten Lebensmittel die besten sind. Daher frage ich ganz provokativ: wenn frisch gut ist, geht es dann noch besser als lebendig? Man denke da zum Beispiel an Austern…

Bis heute sind Hummer & Co. die fast einzigen Tiere, die noch in der Küche sterben. Der Gourmet der ihn essen will, der muss sich auch überwinden ihn zu töten. Fakt aber ist: als wirbellose Tiere geniessen Krebse per Gesetz so gut wie keinen Schutz, da sie leider von vielen als minder leidensfähig betrachtet werden. Es stimmt zwar, dass ein Hummer, als vergleichsweise primitives Tier, über ein gering ausgebautes Nervensystem verfügt und daher wohl kaum Schmerzen wie ein Säugetier empfinden kann. Aber trotzdem: der Tod im Brühbad kann weh tun. Insbesondere wenn falsch gemacht.

Das grundsätzliche Problem liegt darin, daß man Krustentiere nicht, wie beispielsweise ein Huhn, durch Köpfen töten kann, da das Gehirn aus Ganglienknoten besteht, die sich in den Körper fortsetzen. Selbst wenn man also den Kopf entfernen würde, wobei die Abgrenzung zum Teil schwierig ist, würde der Krebs noch leben. Der Tötungs-Impuls muss sich also auf den ganzen Körper auswirken.

Mit dem Zug drüber rollen – das wäre aus Sicht des Tierwohl vermutlich die verträglichste Tötungsart. Der Krebs wäre innert Sekundenbruchteilen tot, seine Leidenszeit minimal. Da dieses Verfahren für den Hausgebrauch allerdings nicht sonderlich geeignet ist, geschieht nach gängiger Meinung das Töten dem Tier gegenüber am respekt- und schonungsvollsten durch Abtauchen kopfüber in siedend heisses Wasser. Weiterlesen

Lamm-Bolo mit getrockneten Aprikosen

16 Dez

Orientalisch auf italienisch

Die zwar allseits beliebten, aber irgendwie doch etwas abgedroschenen 08/15-Spaghetti Bolognese findet man ja eigentlich bei jedem noch so mittelmässigen Italiener auf der Karte. Aber, aber: was haben wir wirklich auf unserem Teller?

Ob besagter Fleischsugo nämlich tatsächlich selbstgemacht ist, darf häufig bezweifelt werden. In Tat und Wahrheit ist das oft so hochgelobte Prädikat „hausgemacht“ nämlich meist nicht mehr Wert als einen feuchten Händedruck des Kochs. Denn nicht selten liefern namhafte Convience-Giganten diesem fixfertige Gerichte pfannenfertig ins Haus. Macht mich fix und fertig.

„Hausgemacht“ – dieser Begriff ist weder gesetztlich definiert noch geschützt. Im Endeffekt kann jedes Essen als „hausgemacht“ bezeichnet werden, denn in irgendeinem Haus wurde es ja gemacht. Wenn ihr euch also beim nächsten Wocheneinkauf im Supermarkt über die Aufschrift „hausgemacht“ auf der Packung Spätzle wundert, dann wisst ihr künftig besser Bescheid: eine Fabrik ist quasi auch ein Haus 😉

Nun, auch bei meiner Bolo stand keine Nonna während zwei  Tagen rührend hinter dem Topf, aber mit viel Liebe zubereitet wurde sie allemal. Im schönen Italien gibt es für spaghetti al ragù vermutlich so viele Rezepte wie Grossmütter, aber dieses hier schlägt ganz klar in die Kerbe 1001 Nacht.

Der Blick hinter die Theke beim Metzger des Vertrauens hat nun mal etwas ungemein inspirierendes, oder nicht? Wer nicht wirklich weiss, was er kochen will, der findet hier bestimmt eine Idee. So auch mir mit diesem Rezept hier ergangen. Gut abgehangene Lammschulter geht einen gewagten, aber verboten guten Crossover mit allerlei orientalischen Begleitern ein: Berbere-Paste, Ras el Hanout, Salzzitronen, getrocknete Aprikosen. Heraus kommt ein wilder Stilmix, kombiniert mit klassisch italienischen Pappardelle und einem Hauch reifen Pecorino. Erlaubt ist, was schmeckt!

Nur eine Regel lege ich euch ans Herz: unbedingt lauwarm geniessen – oder noch besser: am nächsten Tag aufgewärmt! Schmeckt besser. Trust me. Muss man nicht verstehen, ist einfach so! Weiterlesen

Offene Zucchini-Pesto-Lasagne mit Gruyère-Schaum

1 Aug

Mein erstes Mal

Hand hoch! Wer von euch hat noch nie im Leben Lasagne gekocht?

Selbst wenn ich ganz scharf nachdenke, ich kann mich beim blossen Willen nicht daran erinnern, diesen Klassiker der italienischen Küche jemals selbst zubereitet zu haben. Und so einer schimpft sich Hobbykoch! Höchste Zeit in diesem Punkt endlich mal meine Unschuld zu verlieren.

Fertig-Lasagne ist ja im vergangenen Jahr im Rahmen des Pferdefleisch-Skandals in böse Ungnade gefallen. Ganz im Sinne klassischen Deklarationsbetrugs haben dreiste Produzenten zwischen die Teigblätter gemischt, was ihnen gerade so vor die Füsse galoppiert ist.

Ironischerweise haben sich im Anschluss alle darüber aufgeregt, was drin ist und nicht drauf steht… Aber niemand interessierts, was drin ist UND draufsteht – vermutlich mehr Dreck und Medikamente als auf eine Pferdehaut gehen.

However: als Hommage an die aktuelle Flut an Sommergemüsen aller Couleur, serviere ich heute eine Zucchini-Lasagne mit hausgemachtem Basilikumpesto. Der Umstand, dass ich mein lästiges Gipsbein endlich los bin (nun muss ich bloss wieder das Laufen lernen) kommt dem natürlich sowieso entgegen.

Zudem weiss jedes Kind: Sommerzeit ist Zucchini-Zeit! Von der sintflutartigen Schwemme aus dem eigenen Garten kann ich mich die Tage kaum retten. Ein Glück, dass die Zucchini so bescheiden ist und sich als dankbarer Genosse in der Küche mehr als nur vielfältig verwenden lässt.

Ausserdem schmecken sie um mindestens drei Zucchetti-Längen besser, als ihre saisonverirrten Artgenossen, welche man ganzjährig aus spanischen mit Plastikplanen überzogenen Anbauflächen erstehen kann. Eine Welt unter Folie – das schmeckt auch der Zucchini nicht! Weiterlesen